Black Box
(Erkenne dich selbst!), 2005
Objekt-Installation, Video

In konsequenter Fortsetzung des Leitmotivs W. Schimpls, eine Visualisierung und Sichtbarmachung des Verborgenen, des den Sinnen Entzogenen, nicht Wahrnehmbaren, bis hin zur Durchdringung materieller Dichte und Solidität zu leisten, um das Innen zu neuen Oberflächen und "Außen-Ansichten" werden zu lassen, intendiert das Projekt "Black Box" ein Vor- und Eindringen in die immaterielle "Innenwelt" des menschlichen Ichs. (Eine Thematisierung des ungegenständlichen "Innen" erfolgte bereits 1997 bei einer Liftinstallation in Frohnleiten (siehe Katalog), bei der das "Unsichtbare" der Bewegung im Zentrum stand.)

Ausgehend von der Schnittstelle des (versteckten) Privaten und Intimen gegenüber dem Öffentlichen im menschlichen Alltagsleben, manifestiert in einem ja erst in der späten Moderne sich durchsetzenden "Schlafzimmer"-Bereich, der vom übrigen Wohnraum getrennt und abgeschlossen wurde (und dies nicht nur architektonisch, sondern eben auch psychisch und sozial), gestaltet W. Schimpl diesen sozial und psychologisch brisanten Intimbereich des Einzelnen in der Metaphorik einer Black Box., die dieser Lebensbereich ja auch realiter ist. Im Bereich des Schlafzimmers, das sich nur allzu leicht zum Schauplatz psychischer und zwischenmenschlicher Katastrophen entwickelt, ergibt sich die mehrfache Spiegelung menschlicher Lebens-Verhältnisse als Verschachtelung multipler Black Boxes - z. B. jene der menschlichen Psyche. (Nicht zufällig heißt der im Schlafzimmer zur Verwendung kommende Toilettentisch mit Spiegel ebenfalls "Psyche" - hier lebt die griechische Urbedeutung des Wortes als ein (über den Tod hinaus nachlebendes) Spiegelbild weiter.)
Mit der Konzeption des (unsichtbaren) Innen als Black Box konnotiert W. Schimpl aber auch die system- und medientheoretische Metaphorik - als Beschreibung eines Phänomens, dessen Funktionsweise (meist aufgrund zu großer Komplexität) unbekannt ist. Zwar sind In- und Output ablesbar, dennoch bleibt der Funktionsmechanismus der Black Box unerkennbar. Derart werden scheinbar völlig heterogene Bereiche wie der menschliche Intim- und Privatbereich mit medientechnischen Phänomenen wie Fernsehapparat, PC, aber auch "einfache" Komplexitätsphänomene wie Automobile oder hoch komplexe wie das Gesellschaftssystem als Ganzes, über die Metapher der Black Box für den Besucher vergleichbar. (Am Rande sei bemerkt, dass das anthropologische Paradigma der Black Box der Mensch selbst ist, der sich nur als solche "verstehen" kann, d. h. also dass er sich in Wahrheit nicht verstehen kann!)
Durch die im (abgedunkelten) Innenraum variabel und "mobil" gestaltete Mobiliarverteilung manifestiert sich die unerkennbare "Logik" derartiger Systeme - z. B. hinsichtlich der psychischen "Ökonomie" des menschlichen Intimbereichs, der labil und entropisch zwischen "Erstarrung" (Triebnegation als psych. "Normalität") und unkontrollierten Eruptionen (psych. Anomalien) oszilliert.
Dem Besucher wird durch die Konstruktion jedoch auch der "Eintritt" in das Innen der Black Box gestattet: Hier wird er zu einer Neuorientierung innerhalb einer überraschenden Wahrnehmungs- und Erlebnissituation (Dunkelheit, Lichteffekte und sich plötzlich bewegende Möbelstücke) als paradigmatische Black Box-Situation motiviert. Die unterschiedlichen Reaktionsweisen der Besucher (Neugier, Scheu, Passivität, Betasten, das Ausprobieren der Möbelstücke, Orientierungslosigkeit etc.) werden aufgezeichnet und in einem Nebenraum als Video gezeigt. Der Besucher ist so in seinem Verhalten selbst Teil der Black Box, deren Erkennbarkeit und funktionale Logik sich nur in Abhängigkeit von seinen eigenen Aktivitäten ergibt. Dadurch erreicht W. Schimpl eine mehrfache Brechung der Innen-Außen-Polarität, wie sie durch den Modus einer Black Box vorgegeben ist.

Erwin Fiala

U-Boot
Lichtkunsttunnel
unter dem
Andreas-Hofer-Platz
in Graz

Mit der so unscheinbaren Erfindung der Glühlampe, die den magischen Fluss des elektrischen Stroms und Strömens in ein konstantes Leuchten verwandelte, wurden die absoluten Pole von Tag und Nacht, von Hellem und dessen fundamentalem Gegensatz, der Dunkelheit und Finsternis, in ein schmieriges, diffuses Grau transformiert -
die Nacht konnte (scheinbar) zum endlosen Tag werden, der nun als so genannte "Lichtverschmutzung" den Himmel und das Strahlen der Sterne übertüncht, sie unsichtbar werden lässt - zumindest für die menschlichen Augen und irdisch stationierten Teleskope.
Der Umgang mit Licht in der Kunst muss also vorsichtig und behutsam erfolgen, um nicht paradoxale Effekte zu erzielen - Unsichtbarkeit anstelle des Sichtbaren, Unwahrnehmbarkeit, Erblindung anstatt Sehen, Indifferenz, ja ein entropisches Feld von Grau in Grau - vor allem wenn sich die vorliegende Licht-Installation gerade die mögliche
Nichtwahrnehmung von Kunst, Künstlern und Künstlerinnen zum Thema macht. Eine Nichtwahrnehmung, die vielleicht weniger darin begründet liegt, dass Kunst von Verantwortlichen und der Gesellschaft nicht gewollt wird sondern im Gegenteil, weil man sie als Selbstverständlichkeit wahrnimmt und damit eben nicht mehr "wirklich sieht".
Der Lichtkunsttunnel Werner Schimpls fungiert dem entsprechend als "U-Boot" im Meer selbstverständlicher Akzeptanz und versucht bewusst zu machen, was nur allzu oft so selbstverständlich unbemerkt bleibt. Etwa dass hinter der Allgemeinheit des Kunstbegriffs und des bereits gewohnten Kunst-Spektakels zahlreiche Künstler und Künstlerinnen
mit ihrem unerschöpflichen Kreativitätspotential stehen, d. h. leben, denken, gestalten … mitunter auch scheitern.
Eine doppelte Metaphorik manifestiert sich auch in der Aktion, vielen Künstlern und Künstlerinnen gleichsam ein Licht-Denkmal in Form der von ihnen zur Verfügung gestellten Taschenlampen zu setzen: Kunst wird symbolisch wahrnehmbar und beleuchtet gleichzeitig den umgebenden Raum des Alltags, des Durchgangs von hier nach dort.
Nicht nur dass Kunst (als Phänomen) aus dem Unbewussten der Gesellschaft ins Wahrnehmbare transformiert wird, ihre Funktion ist es auch, Unbewusstes, Ungedachtes, Unbeachtetes wahrnehmbar zu machen, indem sie dies "beleuchtet" und sichtbar werden lässt. Die Installation Werner Schimpls "spielt" gerade mit dieser Ambivalenz der Kunst
und ihrer Funktion innerhalb der Gesellschaft: Kunst "be-leuchtet", muss aber auch selbst beleuchtet werden, um wahrgenommen zu werden. Lichtkegel zahlreicher Taschenlampen leuchten nun- stellvertretend für Künstler und Künstlerinnen - und den alltäglichen Durchgang des Unterführungstunnels "beleuchtend". In einer grazilen Schwenkbewegung
fluoreszieren ellipsoide Lichtstreuungen ständig variierender Größe - als wäre das künstlerische Sensorium auf der Suche nach Verborgenem, begleitet von einem Peilton, der in einem stetigen Intervall die "Position" der Kunst zu verorten scheint und akustisch unterstreicht, dass dies immer wieder zu geschehen hat, während die Folge der
Morsecodes eine für die meisten unverständliche und damit unverstandene Botschaft aussendet.
Erinnert uns W. Schimpl an die oft unverstandenen Botschaften der Kunst, indem er paradoxerweise gerade einen der ältesten modernen Informationscodes verwendet, der das Zeitalter der modernen Telekommunikation einleitete?
Mit der Installation des Lichtkunsttunnels (unter dem Andreas-Hofer-Platz in Graz) beleuchtet der Künstler die Situation der Kunst ebenso wie den Raum des Gesellschaftlichen, in dem sich das Kreativitätspotential der Künstler und Künstlerinnen vielleicht tatsächlich nur mit der Metapher des U-Bootes darstellen lässt.

Erwin Fiala

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